Ich bin gut!

An und für sich bin ich durchaus für den korrekten Gebrauch von Sprache. Gelegentlich öffnet sich aber auch ein neuer Blick auf wenig hinterfragte Redewendungen, wenn diese nicht ganz korrekt eingesetzt werden:

Vor ein paar Tagen besuchte ich die transdanubische Filiale einer mir nicht sonderlich sympathischen Fastfood-Kette. Auf dem Weg zu den Waschräumen, die meiner Ansicht nach übrigens weit mehr zu empfehlen sind als das hier angebotene Kulinarium, kam ich an einem Personalraum vorbei, dessen Tür weit offen stand.

Zwei Frauen, beide gekleidet in der Putz-Tracht der Kette, begrüßten einander gerade herzlich. Die eine rief mit einem Akzent, den ich nicht weiter zuordnen konnte, fröhlich: „Hallo! Wie geht es dir?“ Darauf die andere, ebenso erfreut: „Danke! Ich bin gut! Und du?“ Worauf die erste folgerichtig erwiderte: „Ich bin auch gut!“

Wann haben Sie zum letzten Mal, voller Freude gerufen, dass Sie gut sind? Und wann wurden Sie das letzte Mal danach gefragt? Ich möchte mich an dieser Stelle bei den freundlichen beiden Frauen bedanken, dass ich Zeuge ihrer kurzen Konversation werden durfte. Ein wunderbares Erlebnis, das wieder einmal offenbart, wie viel Potenzial Floskeln hätten, wenn wir sie nicht ständig – zwar korrekt – aber doch ganz ohne Inhalt abspulen würden…

Schreibe, ich will!

Lyrik ist manchmal auch dort zu finden, wo man sie am wenigsten erwarten würde.
Dieses außergewöhnlich ergreifende Gedicht über die Vereinsamung durch Sprachverlust trägt den Titel „Erstaunliche einsames Madchen! Schreibe, ich will!“ und erschien am 7. Februar 2017 als Kontaktannonce verkleidet in meinem Spam-Ordner. So viel Pathos. So unsagbar traurig. Und ich hätte es beinahe gelöscht!

Hallo! Wie geht es dir?
Wir haben schon lange auf der Website fur die Datierung Ihnen vertraut.
Dort werden Sie mir Ihre E-Mail geben.
Ich lege ein Foto von, vielleicht
Sie an mich erinnern. Es tut mir leid,
dass das letzte Mal, wenn der Dialog,
den wir aus nicht eingeschaltet haben.
Ich mochte noch einmal zu versuchen.
Was denken Sie daruber?
Ich hoffe, dass Sie nicht gegen unsere sind.
Ich werde auf Ihre Antwort warten.
Natalia.