Schaffen Sie eigentlich alles? – Also ich nicht!

Fragen Sie sich auch manchmal, wie die anderen das alles schaffen? Den Job, die Karriere, den Stress, das Privatleben, ein schönes Heim, den großen Freundeskreis, soziale Projekte, Familie, Selbstverwirklichung, Sport, Freizeit und vieles mehr?

Vermutlich, so dachte ich, sind das diese High-Speed-Menschen. Bluthochdruck-Durchstarter, Ehrgeiz-Junkies. Kurz – nicht meine Liga. Und dann – ja dann passierte etwas Überraschendes. Eine Bekannte fragte mich (mich!), wie ich das alles schaffe! Gut, sie war keine enge Bekannte, sonst hätte sie mich besser gekannt. Aber immerhin. Ich hatte es also geschafft, dass jemand glaubte, ich würde alles schaffen!

Ehrlich wie ich war, zählte ich natürlich sofort auf, was bei mir alles auf der Strecke bleibt, und hörte erst auf, als sich ihre anfängliche Bewunderung in eine Mischung aus Schrecken und Zweifel verwandelt hatte. Zögernd antwortete sie mit  einer Gegenaufstellung.

O du liebe entfernte Bekannte! Da wurde mir bewusst, dass ich tatsächlich Einiges auch auf die Reihe kriege. Nicht alles, aber das Meiste von dem, was mir wirklich wichtig ist. Aber das, was nebenbei so in Scherben vor mir liegt, bringt mich nicht wirklich aus der Ruhe.

Herbert von Karajan soll einmal gesagt haben: „Wer alles erreicht, hat sich zu wenig vorgenommen.“ Die Quelle für dieses Zitat ist ein mir leider nicht mehr vorliegender Spruchkalender. Ich empfehle daher, die Zitatzuschreibung mit Vorsicht zu genießen.
Wie auch immer, der Spruch gefiel mir immer. Für mich war er die Entschuldigung für nicht erreichte Ziele. Heute lese ich die Zeilen anders. Ich frage mich, ob es nicht vielleicht doch eher stresst, wenn man sich ständig zu viel vornimmt?

Mein Zugang zu dem Anspruch, alles zu meistern, liegt vielmehr in einer grundlegenden Gelassenheit. Ich denke, dass ich wirklich nicht „alles schaffen“ muss. Es reicht doch, wenn ich die wirklich wichtigen Dinge halbwegs im Auge behalte. Und was mir wichtig ist, definiere immer noch ich…